Authentizität – Sei du selbst!

Es war einmal …

… ein Yogi, der lebte in den Bergen der Himalayas, allein und zurückgezogen in einer kleinen Hütte. Das Dorf am Fuße des Berges hatte sich seiner angenommen und verpflegten ihn. Die Bewohner suchten ihn heim um Rat und Ruhe bei ihm zu finden. Als im Dorf ein Festival organisiert wurde, informierte man den Yogi, daß eine Gesandtschaft ihn gerne besuchen kommen möchte. An dem Tage des Festivals räumte der Yogi seine Hütte auf, putzte den Boden, polierte die Fenster, Küche und den Altar, wusch alle Wäsche & Vorhänge, reparierte die Türen und setzte sich dann wieder hin zur Meditation. Er konnte nicht meditieren. Was er auch versuchte, er konnte nicht meditieren. Nach einigem Hin und Her, stand er plötzlich auf, ging hinaus, grub seine Hände in Schmutz und Staub und warf  zwei Handvoll mitten in seine saubere Hütte – in diesem Augenblick erlangte er die Erleuchtung!

Hast du dich je anders gegeben wie Du wirklich bist? Jemanden Dein Leben und Dich selbst vorgespielt, obwohl du weißt, daß du ganz anders bist? Wolltest du jemanden beeindrucken und hast etwas von Dir erzählt, das nicht stimmt? Vielleicht hast du etwas zugestimmt, das du gar nicht machen möchtest und sich das zu Deinem Nachteil entwickelt? Hast du je vorgegeben jemand anderer zu sein, oder in einer Phantasie oft gelebt jemand Berühmter zu sein und dieses Leben zu leben, aber nicht dein eigenes?

Wir geben uns manchmal anders wie wir wirklich sind oder zeigen, sagen und tun etwas anderes wie wir ehrlich fühlen um zu beeindrucken, um anderen zu gefallen, um jemand zu sein, der wir nicht sind oder jemanden zu imitieren, der wir sein möchten. Unzufrieden mit und ohne Vertrauen in unser Göttliches Selbst schaut das Gras über dem Zaun grüner und der Nachbar besser aus.

Manchmal geht es sogar so weit, daß wir jemanden heiraten des Status wegen, einen Job annehmen des Prestige wegen, Freunde haben um gut da zu stehen. Warum fühlen wir uns dennoch am falschen Platz? Warum fühlen wir uns neben der engsten Vertrauten nicht wohl? … wollen aus der eigenen Haut rausspringen? Kann es sein, daß wir in solchen Situationen unsere Authentizität verloren haben und machen, was andere sagen oder vormachen, was wir machen “sollen” oder vielleicht unsere Eltern meinen wir machen “müssen”?

In einer Welt der Werbung, Zeitungen voll unterernährter Models, CNN und social media sind wir es komplett gewöhnt Bilder zu sehen, die gestellt oder photshopped sind, aber trotzdem unbewusst als „echt“ wahrnehmen.

“Die Medien und die Religion sind eingreifende Agenten, die den Weg zu wahren Erfahrung, zur Authentizität und zu Gott blockieren.” Kierkegaard

Was sagt Yoga dazu?

Yoga kommt von „yog/jog“ – das heißt Verbindung; man meint zuerst Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele, aber wie in den antiken, vedischen und yogischen Texten geschrieben steht, hier geht es wirklich um die Verbindung zu unserem eigenen Atman (individuelle Seele, zu unserem „echten“ Selbst) und zwischen unserem Atman und Brahman (die universelle Seele). Das heißt zuerst einmal möchten wir in uns hineinschauen, was wir brauchen, wollen, dürfen bevor wir nach außen und auf andere blicken. Und schauen, daß das im Einklang steht mit unserer Intuition, mit unserem Bauchgefühl, mit unserem Dharma (unser Weg, warum wir hier sind, unsere Berufung, unser Talent).

Also sozusagen sich selber treu sein und  treu bleiben, auch wenn es anders ist wie Nachbars Garten, auch anderes ist was die Freunde raten, auch anders ist was die Gesellschaft “vorschreibt”. Wenn man diesen Weg geht, auch wenn sich andere deswegen abwenden oder vielleicht ein “Plan” nicht “aufgeht” dann spüren wir es ganz genau, wir fühlen uns in Ruhe, in Frieden, im Einklang, in der Mitte – es ist unser Weg.

Um das zu festigen meint Patanjali haben wir 8 Schritte wo er uns ganz praktisch Instrumente in die Hand legt wie Körperübungen, Atmung & Meditation aber auch wie wir uns verhalten dürfen uns selbst und anderen gegenüber.

Auf der Yogamatte heißt das für uns Schüler, „unser Yoga“ zu praktizieren. Yoga ist so individuell, auch wenn wir in einer Gruppe praktizieren: wie fühle ich mich heute, welches Yoga passt mir, wie ist mein Körper und welches Yoga passt da heute dazu? Es ist mein Yoga, nicht das vom Nachbarn, abgesehen von “Ahimsa” wo wir nicht über unsere Grenzen gehen und uns verletzten, aber auch langsamer treten wenn heute der Kreislauf nicht mitspielt oder Yoga machen, obwohl mein Freundeskreis das als “girlie” bezeichnet und plötzlich der CEO im Unternehmen statt im Heurigen sitzt und Schnitzel isst zur Yogastunde trabt. Wenn wir unseren “innersten Weg”, unser dharma vermeiden, meinen die Existentialisten, daß wir den Weg von Langweile, chronischer Spannung bis hin zur Depression und tiefsten Verzweiflung wählen und oft hier nur mehr ein “quick fix” wie zB Drogen, Alkohol oder Shopping hilft. Wenn wir unserer innersten Stimme folgen und auch einen Job annehmen, der uns Spaß macht oder der im Grünen ist, obwohl wir weniger verdienen, dann ist das mein Weg für meinen Körper in diesem Moment. Die Balinesen sind hier ein wunderbares Beispiel; generell bleiben die Balinesen bei einem Unternehmen oder “Boss” ein Leben lang, sie ändern den Job nicht, wenn sie mal sich hier wohl fühlen, wenn Harmonie gegeben ist, ganz gleich wie hoch das Gehalt. Balinesen kündigen auch sofort, wenn sie sich nicht wohlfühlen, ganz gleich wieviel Geld und Bonus man Ihnen bieten würde. Ihr Gemeinwohl, Ihre Familie und ihr Tempel ist wichtiger. Das ist generell so üblich in Bali.

Was heißt das für Yogalehrer? Oft spüre ich selbst oder höre von Kollegen, daß man als Yogalehrer als dieses Superindividuum gesehen wird –ein Mensch, der viel meditiert und yoga macht, superflexibel ist mit oder ohne Matte und  diese innere Ruhe ausstrahlt, vor Gesundheit strotzt, in Balance ist, nie Depression hat, nicht laut wird und für alle Wewehchen und Problemchen der Schüler Zeit und Lösungen hat und das jeden Tag. Wie so ein Seelendoktorakrobatsonnenscheinchen. Ist es nicht eine Erleichterung für beide Seiten ,wenn es nicht so ist, wenn der Superstar auch mal depressiv ist und darüber spricht? Ist uns doch lieber den Lehrer, den wir bewundern, so zu sehen, wie er wirklich ist, ohne, daß und etwas vorgespielt wird und zu verstehen, wenn er mal erwähnt: ok heute geht’s mir nicht so gut, aber ich stehe auf der Matte und mache meine Praxis“! Einfach authent menschlich sein und zu zeigen wie hier Yoga hilft um durch diese Höhen und Tiefen zu gehen.

Ich sage meinen Lehrern im Studio immer “Lehre, was du weißt” – ein Video anschauen oder eine Sequenz eines anderen Lehrers nachmachen kann zwar eine abwechselnde Inspiration sein, aber wenn du es noch nicht selbst geübt hast oder erfahren hast, ergibt es keinen Sinn das zu unterrichten- unterrichte das, was du weißt, das was du selbst an deinem Körper, Geist und Seele erfahren hast.  Deswegen ist die eigene tägliche Yoga Praxis so wichtig, für Lehrer wie Schüler des Yoga. Das ist der Grundstein.

Von Erfahrung lehren trifft die Herzen der Schüler.

  • Auf die eigene Stimme hören,
  • Masken fallen lassen und
  • im Jetzt bleiben

kann uns Satya, Wahrheit bringen, wie Patanjali in seinen Yoga Sutren beschreibt.

“Tear off the mask. Your face is glorious.”– Rumi

von Beate

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