Der Weg des Yoga ist eine Reise zur Ganzheit und zur Rückkehr zu unserem natürlichen Bewusstsein, Eins zu sein. Wenn wir lernen, dass die größte Trennung die es zu überwinden gibt, jene zu uns selber ist, dann kann unsere Yoga Praxis ein Werkzeug sein, um genau das zu tuen. In dem wir uns auf unsere eigene Atmung einstimmen, werden wir uns Gefühlen und Emotionen bewusst, die wir vielleicht lange unterdrückt haben; wenn wir herausfinden wie wir schwierige Positionen halten können, entdecken wir vielleicht Muskeln wo wir gar keine vermutet haben; und schlussendlich nehmen wir Kontakt mit dem Beobachter in uns auf, wenn wir in unserer Meditation beginnen unsere Gedanken nur zu erkennen und nicht mehr an ihnen haften zu bleiben. Aber dennoch erfahren wir noch nicht die ganze Bedeutung von Yoga, wenn unsere Arbeit auf und abseits der Matte nur uns selber gewidmet ist. Yoga bedeutet nicht nur sich mit sich selber zu verbinden, sondern auch mit anderen.
Yoga ist Gemeinschaft, Kula in Sanskrit. Obwohl wir vielleicht durch unsere individuelle Praxis tief in unser eigenes Bewusstsein vordringen mögen und uns das niemand abnehmen kann, machen wir es doch nicht alleine. Genau wie auf einer richtigen Reise wo es viele Hindernisse zu überwinden gilt – verspätete Flugzeuge, Busse, und Züge, die Sprache des Landes wo es hingehen soll nicht sprechen zu können, unerwartete Umleitungen, felsige Pfade und steile Berge – auch die Reise das Selbst zu erforschen kann manchmal herausfordernd sein. Wenn wir nun Teil von einem Kula, das aus Menschen besteht, die auf der gleichen Reise wie wir sind, können wir Verständnis, Freundschaft, Kompassion und Unterstützung von anderen erfahren. Das erlaubt uns auch tiefer zu gehen und darüber hinaus, was wir für möglich gehalten hätten.
Denke nur einmal daran, wieviel einfacher es ist für 20 Minuten in einer Gruppe mit anderen Menschen zu meditieren, als alleine zu Hause. Oder wieviel tiefer wir manchmal in eine Asana kommen können, wenn wir mit anderen praktizieren, als alleine. Oder wie der Atem-rythmus unseres Lehrers oder der Person neben uns, uns helfen kann, Gleichmäßigkeit in unserer eigenen Atmung zu finden. Egal ob wir es bewusst fühlen und wissen, gemeinsames praktizieren verbindet. Wir müssen nicht wissen, was sich beim anderen gerade tut, und die oberflächlichen Fakten unseres Lebens, wie zum Beispiel Beruf, Beziehungsstatus, Alter, oder Herkunft fallen einfach weg und alles was zählt ist, dass die Person die unsere Praxis teilt auf einer ähnlichen Reise ist. Und weil wir alle im gleichen Boot sind, brauchen wir auch nicht mehr zu urteilen. Alles was bleibt ist reine Kompassion und das Gefühl dazu zu gehören.
Und so wie jeder andere Aspekt unserer Yoga Praxis, kann auch die Idee von Kula abseits der Matte im täglichen Leben gelebt werden. Das nächste Mal wenn du aus deinem Yoga Studio kommst und dich von deinen gleichgesinnten “Yogis” verabschiedest, kannst du dich erinnern, dass es nicht wichtig ist, was die nächste Person die dir begegnet für einen Beruf nachgeht, wie sie sich kleidet, mit wem sie zusammen ist oder woher sie kommt, sondern dass das was wichtig ist, dass genau wie du, sie Schmerz und Freude empfindet, dass sie wahrscheinlich auch schon Verluste erlebt hat, dass sie Angst haben aber auch mutig sein kann, dass sie es vielleicht auch mal schwer hat und versucht ihre Schwierigkeiten zu überwinden, und dass genau wie du, sie lieben und geliebt werden wollen und sich dazugehörig fühlen wollen? Können wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass wir alle Teil einer großen Gemeinschaft, eines Kula sind, und dass wir auf gewisser Ebene alle verbunden sind? Unser Wohlergehen hängt an dem Wohlergehen anderer. Zusammen können wir für einander da sein, wir können andere ermutigen und das Licht der Hoffnung und Liebe zu jenen zu tragen, die glauben alle wäre verloren, und werden es genauso zurück erhalten, wenn wir es einmal brauchen. Gemeinsam überwinden wir Leiden und so schließen wir uns zusammen um Harmonie, Liebe und Verständnis zu kultivieren.
In diesem Sinne ….
Loka Samastah Sukhino Bavantu
Mögen alle Lebewesen überall glücklich und frei sein, und mögen die Gedanken, Worte und Taten meines eigenen Lebens in irgendeiner Weise zu dem Glück und der Freiheit anderer beitragen.
von Carina Hilmar