Der 8-stufige Pfad, Asthanga(von ashta– acht, und tanga – Stufe) wird in dem ersten Kapitel der Yoga Sutren vorgestellt und in mehr Detail in dem zweiten und dritten Kapitel behandelt. Durch die Praxis des AshtangaWeges, überwindet der Yogi nicht nur alle Hindernisse auf dem spirituellen Weg und tranzendiert alles Leiden in seinem Leben, sondern erreicht auch das ultimative Ziel von Yoga (citta vrtti nirodha (1.2)) und findest so Freiheit, kaivalya.
Diese acht Stufen werden nun weiter erläutert mit Referenz zu den jeweiligen Sutren:
1. YAMAS – Moralische Anordnungen
Es gibt fünf Yamas, die in Sutra 2.30. definiert sind: “ahimsa satya asteya brahmacarya aparigrahah yamah” – Die Yamassind Nicht-Verletzen, Wahrhaftigkeit, Nicht-Stehlen, Enthaltsamkeit und Nicht-Begehrlichkeit.
- Ahimsa– Nicht-Verletzen bedeutet keine Gewalt in Gedanken, Wort und Tat gegenüber einem selber und allen anderen Lebewesen zu zeigen. Sutra 2.35 beschreibt, “ahimsapratisthayam tatsannidhau vairatyagah” – Wenn Nicht-Verletzen fest verwurzelt ist, verschwinden Feindseligkeiten in der Gegenwart des Yogis. Das bedeutet, wenn jemand die Einstellung von ahimsa annimmt und verkörpert, dann wird sich dieser friedvolle Zustand auf alles auswirken und daher ahimsaauch in anderen inspirieren. Ahimsa ist ebenso das höchste Dharma (individueller und universeller Grund der Existenz), beschrieben in dem Sanskrit epigram “Ahimsa paramo dharma”. Das bedeutet, dass Nicht-Verletzen das grundlegende, universelle und fundamentale Gesetz der Einheit des Lebens ist.
- Satya – Wahrhaftigkeit bedeutet ehrlich nicht nur mit einem selber, sondern auch mit anderen zu sein. Wenn jemand nicht in der Lage ist, mit sich selber ehrlich zu sein, dann kann man auch nicht mit anderen ehrlich sein. Wahrhaftigkeit darf sich in Gedanken, Worten und Taten widerspiegeln und hängt daher auch mit Ahimsa zusammen. Sutra 2.36. besagt: “satyapratisthayam kriyaphalasrayatvam” – Wenn Wahrhaftigkeit fest verwurzelt ist, erlangt der Yogi das Ergebnis der Handlung, ohne zu handeln. Das bedeutet, dass jene die ernsthaft danach streben in ihrer Wahrheit zu leben, ein Leben basierend auf Authentizität und Aufrichtigkeit leben können und diese Dinge in ihr Leben rufen, die im Einklang mit ihrer wahren Natur sind.
- Asteya– Nicht-Stehlen bedeutet sich nicht den Besitz, aber auch nicht das Rampenlicht und die Zeit von anderen anzueignen. Es beinhaltet auch nicht neidisch und eifersüchtig auf das, was jemand anderer hat, zu sein und andere nicht zu betrügen. Auch das kann man in Gedanken, Worten und Taten praktizieren. Sutra 2.37. besagt: “asteyapratisthayam sarvatanopasthanam” – Wenn Nicht-Stehlen fest begründet wird, fließt dem Yogi aller Reichtum zu. Das bedeutet, dass was auch immer für uns vorgesehen ist, zu uns kommen wird, so lange wir uns nicht das nehmen, was uns nicht gehört. Asteya hängt auch mit den ersten beiden Yamaszusammen.
- Brahmacharya– Enthaltsamkeit bezieht sich auf den sparsamen Umgang mit der vitalen Energie in dem man die Sinne nicht übermässig stimuliert. Es bedeutet nicht, sich sexuellem Kontakt und anderen Aktivitäten, die Freude bringen, zu enthalten, sondern diese achtsam auszuführen. Überstimulation entzieht dem Yogi Vitalität und Energie, die gebraucht wird um die spirituelle Praxis auszuführen. Die Vitalität sollte genutzt werden, um das PranaLevel zu steigern. Sutra 2.38. sagt: “brahmacaryapratisthayam viryalabhah” – Wenn Brahmacharya fest begründet ist, wird pulsierende Vitalität erlangt.
- Aparigraha– Nicht-Begehrlichkeit ruft nach Mäßigkeit in all dem, was wir tun und danach, dass wir nicht Dinge anhäufen und wünschen, die wir nicht wirklich benötigen. Auch das hängt mit unserem Verhalten in Gedanken, Wort und Tat zusammen und betrifft alle Bereiche des Lebens, wie zum Beispiel unsere Ernährung, unseren Beruf, unser Bestreben nach einem guten Ruf, unseren gesellschaftlichen Status und die materielle und emotionale Sicherheit. Jene, die in aparigrahagefestigt sind, werden erfahren was Sutra 2.39. beschreibt: “aparigrahasthairye janmakathamta sambodhah” – Wenn Nicht-Begehrlichkeit fest begründet ist, wird Verständnis für den Sinn der Geburt erlangt. Das bedeutet, wenn wir unseren Geiz loslassen, lassen wir auch die Angst los, nicht genug zu haben und werden uns unserem eigentlichen Sinn des Lebens bewusst. Dadurch entsteht auch das Vertrauen, dass wir in diesem Moment und in allen zukünftigen Momenten immer genau das bekommen werden, was wir gerade brauchen.
Es mag hier wichtig sein anzumerken, dass die fünfYamas– Nicht-Verletzen, Wahrhaftigkeit, Nicht-Stehlen, Enthaltsamkeit und Nicht-Begehrlichkeit – miteinander verbunden sind und einander komplementieren und unterstützen. Es ist nicht wirklich möglich eines ohne den anderen zu praktizieren.
2. NIYAMAS – festgesetzte Einhaltungen
Es gibt fünf Niyamas,die in Sutra 2.32. definiert werden: “sauca santosa tapah svadhyaya Isvarapranidhanani niyamah”– Die Niyamas sind Reinheit, Zufriedenheit, Askese, Selbststudium und Hingabe.
- Shaucha– Reinheit bezeichnet Reinheit auf der physischen und mentalen Ebene. Der physische Aspekt bahir shaucha– äußere Reinheit – beinhaltet nicht nur den eigenen Körper rein zu halten, sondern auch alle anderen Objekte. Es bedeutet auch, jene Aktivitäten zu vermeiden, die den Körper verunreinigen, sowie schlechte Nahrung und den Körper mit Substanzen wie Alkohol und Drogen zu vergiften. Antah Shaucha– innere Reinigung – spricht von der Reinigung des Geistes, in dem man Alles und Jeden mit Wohlwollen und Kompassion begegnet, und sich darin übt, Brahman, das Höhere Selbst in allem zu sehen. Durch das praktizieren dieser zwei Aspekte von Shauchasentsteht die Erfahrung beschrieben in Sutra 2.40. “saucat svangajugupsa pariah asamsargah”– Aus Reinigung entsteht Abscheu gegenüber dem eigenen Körper und ein Widerwillen dagegen, mit anderen in körperlichen Kontakt zu kommen. Das bedeutet, wenn man in kompletter Reinheit verankert ist, ist es nicht mehr nötig Bestätigung durch die äußere Erscheinung zu suchen. Anstatt sich mit dem Körper zu identifizieren und ihn zu benützen, materiellen Erfolg und Anerkennung zu finden, wird der Körper als Fahrzeug für die Reise auf dem spirituellen Weg gesehen, dass daher gesund gehalten werden soll um einen sicher zu transportieren. Ein weiteres Resultat von Shaucha wird beschrieben in Stura 2.41. “sattvasuddhi saumanasya aikagrya indriyajaya atmadarsana yogyatvani ca” – Aus Reinigung entstehen Klarheit des Geistes, Gelassenheit, Konzentration, Sinneskontrolle und die Vorraussetzungen zur Selbstverwirklichung.
- Santosha – Zufriedenheit bildet das zweite Niyamaund bedeutet eine Einstellung der Zufriedenheit und Dankbarkeit um momentane Umstände anzunehmen. Es ist einfach zufrieden zu sein, wenn das Leben nach den eigenen Wünschen verläuft, aber dieses Niyamagilt es unter allen Bedingungen zu praktizieren. Man kann ein Gefühl von Santosha unabhängig von den äußeren Zuständen kultivieren. Das Resultat einer solchen Einstellung ist schlicht, aber kraftvoll. Sutra 2.42.besagt: “santosat anuttamah sukhalabhah”– Aus Zufriedenheit entsteht höchstes Glück.
- Tapas – Askese oder Selbst-Diziplin ist eine Qualität von großer Bedeutsamkeit auf dem spirituellen Weg. Zum Beispiel, an jenen Tagen, wo es einfacher scheint auszuschlafen, als aufzustehen um seine sadhana– spirituelle Praxis – zu machen, braucht man Selbst-Disziplin um einfach die nächste richtige Handlung zu setzten. Man möge allen möglichen Versuchungen im täglichen Leben begegnen, daher darf Selbstdisziplin ein Teil des täglichen Lebens werden. Sutra 2.43. sagt: “kaya indriya siddhih asuddhiksayat tapasah”– Zerstörung der Unreinheiten durch Askese verleiht dem Körper und den Sinnen Kraft.
- Svadhyaya – Selbst-Studium und Studium der Schriften darf Teil der Sadhanawerden um immer mehr Erkenntnis über die eigenen Reaktionen im Leben und die eigene Motivation & Gedanken, die unsere Handlungen leiten, zu gewinnen. Ein weiterer Aspekt von Svadhyayaist das Rezitieren von vedischen Versen, Gebeten und Mantras um die Qualitäten, die in den Vibrationen dieser Mantren enthalten sind, freizusetzen. Speziel mit Hinblick auf das Rezitieren von Gebeten, resultiert Svadhyayain was Sutra 2.44. beschreibt: “svadhyayat istadevata samprayogah” – Durch Studium, das zur Selbsterkenntnis führt, entsteht Vereinigung mit dem ersehnten Ishta Devata.
- Isvarapranidhana – Hingabe an Gott bedeutet alles, was man tut, dem Höheren Selbst oder Gott, wie man Gott verstehen möge, darzubieten. Dieses Verzichten auf alle persönlichen Errungenschaften und komplettes Loslösen vom eigenen Ego ist auch eines der Hauptthemen in allen anderen yogischen Schriften. Ultimativ bedeutet der spirituelle Weg, das eigene Ego zu zerstören und persönliche Ambitionen aufzugeben. Das Resultat is einfach und zu gleich tiefgreifend: Sutra 2.45. “samadhisiddhihi Isvarapranidhanat” – Aus Hingabe an Ishvara erwächst die Erfüllung des Erreichen von Samadhi. So wie die Yamas, bilden auch die Niyamasein verknüpftes Netz aus Handlungen, Einstellungen und Verhalten. Der sadhaka, dessen Hoffnung Fortschritt auf dem acht-gliedrigen Pfad ist, darf fest in der Praxis von Yamaund Niyamaverankert sein. Auf dem Weg können immer wieder Hindernisse aufkommen und ohne eine feste Grundlage, auf die man zurückfallen kann, kann man sich leicht von Zweifel, Angst und Entmutigung von den Fortschritten auf dem spirituellen Weg abbringen lassen.
3. ASANA – Körperhaltung
Patanjali beschreibt, dass der Schüler der die Yamas und Niyamas fest in sein Leben in Gedanken, Worten und Taten integriert hat, nun bereit ist für die dritte Stufe: asana. Asanabedeutet wörtlich Sitz, und beschreibt eigentlich eine spezifische sitzende Position, die für die Meditation gedacht ist. Alle anderen Asans werden nur ausgeführt um die Muskeln, als Vorbereitung auf die Meditation, zu dehnen und zu stärken. In der Meditation nimmt der Körper eine Haltung mit aufgerichteter Wirbelsäule ein und bleibt über längere Zeit hinweg bewegungslos. In dieser Position bleiben zu können ist wichtig um die restlichen fünf Stufen praktizieren zu können. Es wäre unmöglich, zum Beispiel, Raum für intensive Konzentration zu schaffen und die Sinne komplett nach innen zu kehren (wie in der fünften und sechten Stufe), wenn man von einem angespannten Rücken oder schmerzenden Knien, zum Beispiel, abgelenkt wäre.
- Sutra 2.46. beschreibt eine Asana als: “sthira sukham asanam” – Asana must fest/stark und bequem sein. Das bedeutet eine asana darf einen nicht physisch und mental auslaugen und ist nicht lediglich eine körperliche Übung, sondern fühlt sich auch angenehm und entspannt an, macht Freude.
- Sutra 2.47.: “prayatna saithilya ananta samapattibyam” – Meisterschaft in der Stellung bedeutet das Lösen von Anspannung und Meditation über das Grenzenlose. Statt der perfekten phsyischen Form ist die Perfektion einer Asanaein inneres Erlebnis. Die Asana darf anstrengungslos sein, was bedeutet, dass es gleich ist, ob wir sie eine halbe Stunde oder 30 Sekunden halten. Wenn man nicht länger mentale oder physische Anstrengung ausüben darf, um eine Asanazu machen, dann wird die Meisterschaft erlangt und man erfährt den spezifischen Effekt der Asana. Das bringt dann eine Erfahrung, die im nächsten Sutra beschrieben ist:
- Sutra 2.48.:“tatah dvandvah anabhighatah”– Durch diese (Meisterschaft in der Asana) können Angriffe von Seiten der Gegensatzpaare abgewandt werden. Die Gegensatzpaare beziehen sich auf raga-dvesha; Anziehung und Abstoßung (das Mögen und Nicht-Mögen). Sobald man so gefestigt in den Asanas ist, wie im vorigen Kapitel beschrieben, dann verschwindet das Leiden, das durch Anziehung und Abneigung entsteht. Man ist in einem Zustand der Neutralität und unbekümmert. Ist der Schüler in den Asanasgefestigt, ist er bereit für die nächste Stufe.
4. PRANAYAMA – Regulierung der Atmung
Die vierte Stufe beschreibt die Regulierung der Atmung und betont, dass der Körper richtig vorbereiten sein darf, bevor mit Pranayamabegonnen wird. Da die Atmung alle Muskeln um die Wirbelsäule involviert, werden diese Muskeln durch alle Bewegungen der Wirbelsäule, wie Streckung, Beugung, seitliche Beugungen und Rotation aktiviert. Darüber hinaus müssen die nadis (Energiekanäle) gestärkt und das prana (Lebensenergie) Level erhöht werden, so dass pranamit einer stärkeren Spannung durch die nadis fließt. Man kann sich vorstellen, dass die nadis wie eine Stromleitung sind, und um nicht durchzubrennen, ist die Leitung stark genug für eine höhere Spannung.
Die Hatha Yoga Pradipika vergleicht prana mit einem Löwen, Elefanten oder Tiger, der nach und nach gezähmt wird, da er sonst den Schüler zerstören würde. Pranayama wird vorsichtig unter der Anleitung eines erfahrenen Lehrers gelernt.
Pranayama besteht aus dem Wort prana– Lebensenergie, und ayama– Ausweitung, und Aufstieg. Das heißt, anstatt Pranayama nur als Kontrolle des Atems zu sehen, kann man es mehr als Ausweitung und Ausdehnung des Atems und daher des Pranaflusses durch uns verstehen. Die folgenden Sutren behandeln Pranayama:
- Sutra 2.49.:“Tasmin sati svasa prasvasayoh gativicchedah pranayamah” – Der nächste Schritt ist Pranayama; die Kontrolle von Einatmung und Ausatmung.
- Sutra 2.50.:“bahya abhyantara stambha vrttih desa kala samkhyabhih paridrstag dirgha suksmah” – Pranayamaist Einatmen, Ausatmen und Atemanhalten; es wird durch Ort, Zeit und Anzahl bestimmt und (wird nach und nach) lange und fein.
- Sutra 2.51.:“bahya abhyantara visaya aksepi caturthah” – Die vierte Art (von Pranayama) geht über die Sphäre von Einatmung und Ausatmung hinaus. Diese Sutra beschreibt den eigentlichen Zustand von Pranayama, welcher erreicht wird, wenn die Methode in den vorigen Sutren perfektioniert wurde. Hier funktioniert die Atmung ohne bewusste Willenskontrolle und Anstrengung und fließt in ihrem ganz natürlichen Rhythmus. Sobald das passiert, kommen Geist und Bewusstsein komplett zum Stillstand. Dann erfährt der sadhaka was die nächste Sutra beschreibt:
- Sutra 2.52.: “tatah ksiyate prakasa avaranam” – Das enthüllt das Licht. Nun nicht mehr abgelenkt durch Gedankenwellen, beginnt man zu verstehen, dass es mehr Wissen und Weisheit zu erlangen gibt, als man bisher geglaubt hat. In dem man die verbleibenden Stufen praktiziert, wird man praktisch erfahren was im Moment nur erahnt wird.
5. PRATYAHARA – Nach Innenkehren der Sinne
Mit einem stetigen Geist kann man beginnen die Sinne nach innen, weg von der äußeren Welt zu richten. Pratyahara wird daher wie folgt beschrieben:
- Sutra 2.54.:“svavisaya asamprayoge cittasya svarupanukarah iva indriyanam pratyaharah” –Pratyaharais die Imitation des Geistes durch die Sinne und entsteht durch Zurückziehen der Sinne von den Sinnesobjekten.
- Sutra 2.55.:“tatah parama vasyata indriyanam” – Daraus entsteht höchste Meisterschaft über die Sinne. Die Sinnesorgane kontrollieren zu können, bedeutet, dass man nicht mehr von der äußeren Welt beeinflusst und abgelenkt wird. Es bedeutet nicht, sich von der Welt abzuwenden. Ganz im Gegenteil; man nimmt ganz genau wahr was vor sich geht, aber muss nicht mehr reagieren. Das erlaubt seine Handlungen von dem Wahrgenommenen zu trennen und daher handelt man nicht mehr blind nach Impulsen, sondern kann freie Entscheidungen in jeder Situation treffen.
6. DHARANA – Konzentration
- Sutra 3.1.:“desa bandhah cittasya dharana” – Dharanaist das Festhalten des Geistes auf einem Objekt. Sobald der sadhaka gefestigt in der Praxis der vorigen fünf Stufen ist, komm die sechste Stufe, die Konzentration, ganz automatisch. Dharana ist die Praxis den Geist auf ein Objekt – entweder intern oder extern – zu fokussieren. Man sagt, wenn es ein äußeres Objekt ist, sollte es pur und heilig sein, wie zum Beispiel die Statue einer Gottheit. Intern wird die Aufmerksamkeit auf das „wahre Selbst“, oder die „Seele“ gerichtet. Das üben von dharana reduziert die Unterbrechungen des Geistes, und eventuell werden sie komplett verschwinden. Dharana ist das erste Glied, das Teil der „inneren“ Praxis ist. Die vorigen fünf beschreiben den äußeren Teil.
7. DHYANA – Meditation
Sobald der Schüler den Moment erreicht hat, wo er seine Gedanken auf einen einzigen Punkt konzentrieren kann, beginnt dhyana, Meditation:
- Sutra 3.2.:“tatra pratyaya ekatanata dhyanam” – Ein ungebrochenes Fließen der Wahrnehmung zwischen Geist und Objekten ist Dhyana. In tiefer Meditation erreicht der Schüler einen Zustand von stetiger und tiefgründiger besinnlicher Beobachtung. Der Unterschied zu dharana kann wie die Wellen über einen See gesehen werden. In dharana bleibt der Fokus auf einer einzigen Welle und verhindert, dass der Geist von den anderen Qualitäten und Bewegungen des Wassers abgelenkt wird. Die Aufmerksamkeit hat einen Punkt (spezifische Aufmerksamkeit). In dhyanaaber wird der gesamte See wahrgenommen und erfahren; die Aufmerksamkeit ist an keinen spezifischen Punkt gebunden und wird von nichts gestört. Das ist die unspezifische Aufmerksamkeit.
8. SAMADI
- Sutra 3.3.:“tadeva arthamatranirbhasam svarupapasunyam iva Samadhi” – Wenn das Bewusstsein von Objekt verschwindet und nur die Bedeutung bleibt, wird sie Samadhigenannt. Dhyana wird in dem Moment zu Samadhi,wenn der Meditierende sich nicht mehr separat von dem, über das er meditiert, wahrnimmt. Von der spezifischen Aufmerksamkeit auf eine Welle, zu der unspezifischen Aufmerksamkeit auf den gesamten See, zu dem Bewusstsein, dass es keine Getrenntheit zwischen dem See und dem Wahrnehmenden gibt. Der See kann analog zu dem Bewusstsein gesehen werden; in dharana gilt die ungebrochene Aufmerksamkeit einer Gedankenwelle, in dhyana tritt die Gedankenwelle in den Hintergrund des gesamten Bewusstseins und in samadhi wird man Teil dieses Bewusstseins. Das Objekt, das gesehen wurde, wird eins mit dem Seher. Das bedeutet auch, dass das Ego, das erfahrende „Ich“, komplett aufgelöst wird und wir uns nicht mehr getrennt von anderen erleben. Das ist Yoga, Einheit, Einssein.
von Carina Hilmar